Smart drugs

Viele Menschen träumen von einer einfachen Möglichkeit, ihr Leben zu verbessern und härter, schneller oder länger zu arbeiten. Verschreibungspflichtige Medikamente wie Ritalin und Attentin, die eigentlich zur Behandlung von ADHS gedacht sind, werden jetzt auch von Studierenden an Spitzenuniversitäten sowie von Mitarbeitern großer Unternehmen eingenommen. Modafinil, ein Medikament gegen Narkolepsie, liegt ebenfalls im Trend. Aber ist es wirklich klug, eine dieser „Smart Drugs“ zu nehmen? Und haben sie überhaupt die gewünschte Wirkung?

Die wachsende Beliebtheit von Smart Drugs könnte zum Teil mit der zunehmenden Instabilität des Arbeitsmarktes zusammenhängen. Es ist nicht mehr genug, einfach nur einen Universitätsabschluss zu haben. Studierende fühlen sich unter Druck gesetzt, gute Noten zu bekommen, um für den Arbeitsmarkt gerüstet zu sein. Auch in nichtakademischen Berufen hat der Stress am Arbeitsplatz zugenommen. Covid-19, die hohen Energiepreise und der Krieg in der Ukraine haben direkt oder indirekt zu Rationalisierungen und Entlassungen geführt. Diese Rahmenbedingungen haben den Leistungsdruck erhöht. Außerdem wollen die meisten Arbeitnehmer ihre Karriere sichern und aufsteigen.

Die Zunahme des Konsums von Smart Drugs könnte auch mit der Ungeduld zusammenhängen, die in der Gesellschaft immer mehr Einzug hält. Aufgewachsen mit Technologien, die alles schneller und einfacher machen, erwarten die Menschen auch im privaten Bereich, dass Dinge schnell und einfach für sie erledigt werden. Wie Untersuchungen gezeigt haben, ist diese Einstellung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen sehr viel häufiger zu finden als bei Menschen über 35 Jahren.

Kognitive Enhancer haben auch ein trügerisches Image als „saubere“ Drogen, was zu ihrem Konsum anregt. Im Gegensatz zu Straßendrogen wie Crystal Meth und Heroin, die das stereotype Bild einer Sucht vermitteln, die zu sozialem Abstieg führt, haben Smart Drugs den Ruf, sicher zu sein und von ehrgeizigen Menschen konsumiert zu werden. Die Wahrheit ist, dass sie genauso süchtig machen und bei missbräuchlichem Konsum ebenfalls gesundheitsschädlich sind.

Wie verbreitet ist der Gebrauch von Smart Drugs?

Verlässliche und aktuelle Zahlen, wie viele Menschen Medikamente zum Hirndoping verwenden, gibt es nicht, da diese Medikamente in Deutschland für diesen Zweck nicht zugelassen sind und daher häufig auf dem Schwarzmarkt erworben werden. Es wird jedoch geschätzt, dass es sich um zehntausende Menschen handelt. Die meisten Konsumenten sind zwischen 18 und 25 Jahre alt und studieren oder arbeiten in einem wettbewerbsintensiven Umfeld. Eine Studie aus dem Jahr 2013 ergab, dass bereits damals mindestens jeder fünfte Studierende solche Medikamente einnahm.

Funktionieren Medikamente zum Gehirndoping wirklich?

Viele Smart Drugs gehören im weitesten Sinne zur Gruppe der Amphetamine, die das zentrale Nervensystem stimulieren. Sie wirken bei den Menschen, für die sie entwickelt wurden, nämlich bei Menschen mit ADHS. Darüber hinaus wird ihr möglicher Nutzen für Alzheimer- und Parkinson-Patienten erforscht. Natürlich machen Amphetamine wach. Doch trotz vieler Behauptungen gibt es nur sehr wenige wissenschaftliche Belege für eine signifikante Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit durch die Einnahme von Amphetaminen, und die Wirkungsweise der Medikamente ist nach wie vor unklar. Die Academy of Medical Sciences berichtete 2008, dass die Medikamente lediglich zu einer Steigerung der Gedächtnisleistung um 10 Prozent führen können. Sie sind aber nicht in der Lage, den IQ dauerhaft oder auch nur kurzfristig zu erhöhen. Sie können auch nicht die Fähigkeit verbessern, sich selbst zu organisieren oder die Prokrastination zu beenden.

Smart Drugs wie Ritalin sind nur bei ADHS wirklich wirksam. Bei gesunden Menschen führt ihre Einnahme nur zu Unruhe und Wachheit, nicht aber zu einer Verbesserung der schulischen Leistungen. Viele der scheinbar „besseren Leistungen“, von denen die Studierenden berichten, sind wahrscheinlich darauf zurückzuführen, dass sie an die Wirkung der Pillen glauben und ihr Selbstvertrauen dadurch gestärkt wird. Bei kreativen Aufgaben sind diese Medikamente völlig nutzlos und behindern sogar den kreativen Prozess. Sie sind auch schlecht für Teamwork-Aufgaben, da sie die Menschen weniger kooperativ machen. Smart Drugs werden auch nicht viel dazu beitragen, die Fähigkeiten einer Person zu verbessern, die bereits sehr leistungsfähig ist.

Wo kaufen Studierende ihre Smart Drugs?

Es ist fast aussichtslos, einen Arzt um ein Rezept für Modafinil zu bitten, denn die Richtlinien sind sehr streng. Bei Ritalin gibt es Spekulationen, dass Menschen versucht haben, Ärzte zu täuschen, damit diese eine ADHS-Diagnose stellen, um ein Rezept zu bekommen. Inzwischen dürfen nur noch Fachärzte Ritalin verschreiben, was derartige Täuschungsversuche zumindest erschweren dürfte. Viele Experten sind der Meinung, dass es zwar möglich ist, Symptome vorzutäuschen, dass aber nur eine sehr kleine Minderheit diese Mühe auf sich nehmen würde, um ein Rezept zu erhalten.

Das bedeutet, dass die meisten Menschen Smart Drugs entweder online bestellen oder von „Dealern“ kaufen, die in den meisten Fällen ebenfalls online einkaufen. In beiden Fällen gibt es keine Garantie dafür, was in der gekauften Pille enthalten ist. Man könnte Speed, Ecstasy oder ein Schmerzmittel schlucken. Im Internet werden auch viele andere kognitive Verstärker angepriesen, die zwar sicherer, aber nicht wirksam sind, wie zum Beispiel „Nootropika„. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die meisten dieser Mittel entweder zu niedrig dosiert sind, um überhaupt eine Wirkung zu erzielen, oder dass es sich um nichts anderes als gewöhnliche Vitaminpräparate mit phantasievollen Namen und überhöhten Preisen handelt.

Gibt es Risiken beim Einsatz von Smart Drugs?

Auch wer das „richtige“ Mittel gefunden hat und Modafinil oder Ritalin einnimmt, muss mit unvorhersehbaren Nebenwirkungen rechnen. Diese Medikamente wurden nur für Menschen mit bestimmten Krankheiten (ADHS oder Narkolepsie) getestet, bei denen der Nutzen die Risiken überwiegt. Die langfristigen Auswirkungen dieser Medikamente auf ein gesundes, sich entwickelndes Gehirn sind jedoch nicht bekannt.

Es wird vermutet, dass sie in höheren Dosen, wie sie von Schülern und Studenten konsumiert werden, sowohl körperlich als auch psychisch abhängig machen. Häufig besteht auch ein hohes Risiko für Depressionen, da stimulierende Drogen den Dopaminspiegel erhöhen und dadurch den Serotoninspiegel senken. Außerdem können Smart Drugs als Einstiegsdroge für härtere Substanzen wie Kokain dienen.

Hinzu kommen die allgemeinen Nebenwirkungen, die diese Medikamente mit sich bringen. Nicht jeder ist in der Lage, mit diesem Energieschub umzugehen. Es kann zu Erbrechen und Herzrasen kommen. Wer kurz vor dem Prüfungstermin eine Panikattacke bekommt oder sich übergeben muss, wird wohl kaum in der Lage sein, eine gute Leistung zu erbringen. Vielleicht ist die Einnahme von Smart Drugs also doch nicht so „smart“.

Welche Alternativen gibt es?

Wenn sich jemand vom Stress erdrückt fühlt und das Gefühl hat, mit dem Studium oder der Arbeit nicht mehr Schritt halten zu können, dann spielen wahrscheinlich noch andere Faktoren eine Rolle.

  • Vor allem sollte man auf sich selbst achten. Ausreichender und erholsamer Schlaf spielt dabei eine Schlüsselrolle. Wichtig sind auch eine gesunde Ernährung und Bewegung.
  • Man kann lernen, nicht härter, sondern intelligenter zu arbeiten. Das kann bedeuten, einen Zeitmanagementkurs zu besuchen oder mit einem Coach zusammenzuarbeiten, um Prokrastination zu überwinden, die richtigen Prioritäten zu setzen und sich realistische Ziele zu setzen.
  • Bei vielen Menschen, die Schwierigkeiten haben, den Überblick zu behalten, sind es emotionale oder persönliche Probleme, die so viel Platz im Kopf einnehmen, dass sie nicht mehr klar denken können. Und wer sich ständig müde fühlt, sollte die Möglichkeit nicht außer Acht lassen, dass er vielleicht an einer leichten Depression leidet, bei der Müdigkeit eine häufige Begleiterscheinung ist.

Die meisten Universitäten bieten einen kostenlosen Beratungsdienst an, und die Krankenversicherung deckt auch die psychische Gesundheit ab. Es ist nichts verkehrt daran, eine schlechte Stimmung oder persönliche Probleme zu haben, aber es ist ein Fehler, sich nicht helfen zu lassen, wenn man Hilfe braucht. Der beste und klügste Weg zur Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten ist die Förderung des physischen und psychischen Wohlbefindens.

Siehe auch: Natural Drugs / Smart Drugs – Wirkung und Risiko

Nebenwirkungen von Ritalin

2 Kommentar

  1. […] einen direkten Einfluss auf die geistige Leistungsfähigkeit hat. Statt zu synthetischen „Smart Drugs“ zu greifen, könnten wir uns auf natürliche Weise einen klaren Kopf und eine gesteigerte […]

  2. […] vorteilhaft sein, wenn leistungshemmende Faktoren vorliegen. Im Vergleich zu anderen „Hirndopingmitteln„, wie etwa Ritalin, ist Koffein eindeutig die bessere Wahl. Es ist legal, leicht erhältlich, […]

Schreiben Sie einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert