Es gibt eine Reihe von Nahrungsergänzungsmitteln und Medikamenten, die die Gehirnaktivität und -leistung steigern sollen. Einige dieser Produkte sind frei verkäuflich, während andere nur auf ärztliche Verschreibung erhältlich sind. Suchtmediziner warnen jedoch davor, dass die zunehmende Popularität der so genannten Nootropika eine neue Welle der Abhängigkeit von psychotropen Substanzen auslösen könnte, wobei Jugendliche besonders gefährdet sind.
Was sind Nootropika?
Die Vorstellung, dass eine Pille die menschliche Intelligenz potenzieren könnte, ist eindeutig Science Fiction. Dennoch arbeiten viele Forscher und Pharmaunternehmen an der Entwicklung von Nootropika: Nahrungsergänzungsmittel, Medikamente und andere Substanzen, die verschiedene Aspekte der Kognition verbessern sollen.
Eine freie Übersetzung des altgriechischen Wortes „Nootropikum“ (von gr. νόος „Verstand“, τρόπος „Wendung, Richtung“) bedeutet „den Geist beugen oder formen“. Es gibt Dutzende von rezeptfreien Produkten, die online oder in Drogeriemärkten verkauft werden und angeblich die Kreativität, das Gedächtnis, die Entscheidungsfindung oder andere wichtige Gehirnfunktionen verbessern. Einige der beliebtesten Nahrungsergänzungsmittel sind Mischungen aus Vitaminen, Lipiden, sekundären Pflanzenstoffen und Antioxidantien, die Studien zufolge mit einer gesunden Gehirnfunktion in Verbindung gebracht werden. Ein bei Amazon beliebtes Produkt ist beispielsweise ein verkapselter Cocktail aus Omega-3-Fettsäuren, B-Vitaminen und pflanzlichen Verbindungen, der laut Hersteller Gedächtnis, Konzentration und Fokus verbessern soll.
Einige Nootropika sind frei verkäuflich, während andere rezeptpflichtig sind. Ein Beispiel für letzteres ist das ADHS-Medikament Methylphenidat, besser bekannt als Ritalin. Auch Attentin, Modafinil, Betablocker wie Metoprolol und andere Substanzen kommen für diesen Zweck in Frage.
Frei verkäufliche Nahrungsergänzungsmittel
Viele Nahrungsergänzungsmittel, die als „Nootropika“ vermarktet werden, enthalten exotisch klingende Inhaltsstoffe. Die Ginsengwurzel und ein Kraut aus der Gattung der Fettblätter (Bacopa) sind zwei Beispiele, die vielversprechende Vorteile für Gedächtnis und Aufmerksamkeit gezeigt haben, sagt Dr. Guillaume Fond, Psychiater an der medizinischen Fakultät der Universität Aix-Marseille in Frankreich, der sich mit intelligenten Medikamenten und kognitiver Verbesserung beschäftigt. „Es fehlen jedoch noch Daten, die ihre Wirksamkeit endgültig bestätigen“, fügt er hinzu.
Einige Nahrungsbestandteile, die häufig in Nootropika enthalten sind – insbesondere Omega-3-Fettsäuren, aber auch Flavonoide – scheinen ebenfalls die Gesundheit und Funktion des Gehirns zu verbessern. Während der Verzehr von fettem Fisch, Beeren und anderen Nahrungsmitteln, die reich an diesen Nährstoffen sind, für das Gehirn vorteilhaft zu sein scheint, gibt es nur schwache Belege für den kognitiven Nutzen von frei verkäuflichen Nahrungsergänzungsmitteln, die diese Nährstoffe in konzentrierter Form enthalten.
Eine Überprüfung verschiedener Nährstoffe und Nahrungsergänzungsmittel im Jahr 2015 ergab keine überzeugenden Beweise für eine Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit. Es gibt zwar plausible Mechanismen, die diese und andere Nährstoffe aus der Nahrung mit einer besseren Gehirnfunktion in Verbindung bringen, aber sie „können nicht die Komplexität natürlicher Lebensmittel nachbilden und alle potenziellen Vorteile bieten“, sagt Dr. David Hogan, Autor der Übersichtsarbeit und Professor für Medizin an der Universität Calgary in Kanada.
Selbst wenn man Lebensmittel verzehrt, die diese Nährstoffe enthalten, sind ihre positiven Wirkungen in vielerlei Hinsicht kumulativ. Die Vorteile für das Gehirn stellen sich also erst ein, wenn man sie über einen längeren Zeitraum hinweg konsumiert. Wenn man erst im mittleren Alter oder später mit der Einnahme beginnt, könnte der kritische Zeitraum, in dem sie die kognitiven Fähigkeiten verbessern können, bereits überschritten sein. Dies schließt nicht aus, dass einige frei verkäufliche Nootropika das Gedächtnis, die Konzentration oder andere kognitive Aspekte verbessern können. Es gibt jedoch nur wenig überzeugende Beweise für diese Behauptungen.
Medikamente als Nootropika
Bestimmte Arzneimittel gelten ebenfalls als Nootropika. Seit mindestens 20 Jahren greifen viele Menschen – insbesondere Studenten – auf Medikamente gegen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) wie Ritalin und Adderall zurück, weil sie angeblich eine konzentrationsstärkende Wirkung haben. Tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass diese Stimulanzien die Konzentration bei Menschen ohne ADHS verbessern können. Sie wurden jedoch sowohl bei Menschen mit als auch ohne ADHS-Diagnose mit Schlaflosigkeit, Halluzinationen, Krampfanfällen, Herzbeschwerden und plötzlichem Tod in Verbindung gebracht, wie aus einer 2012 in der Zeitschrift Brain and Behavior erschienenen Studie hervorgeht.
In jüngerer Zeit ist das Medikament Modafinil für eine wachsende Zahl von Menschen zum Brain-Booster der Wahl geworden. Studien zufolge soll Modafinil die „Wachheit“ bei Menschen mit Narkolepsie, obstruktiver Schlafapnoe oder Schichtarbeitsstörung stärken. Aber auch bei Menschen ohne diese Erkrankungen scheint es Wachsamkeit, Energie, Konzentration und Entscheidungsfindung zu verbessern. Eine Studie aus dem Jahr 2017 ergab Hinweise darauf, dass Modafinil einige Aspekte der Gehirnkonnektivität verbessern kann, was diese Vorteile erklären könnte. Modafinil hat einige lautstarke Fans, darunter den „Biohacker“ und Bulletproof-Gründer Dave Asprey. Und zumindest einige der vorhandenen Studien zu Modafinil haben keine ernsthaften langfristigen Gesundheitsrisiken ergeben.
Allerdings gibt es mehrere mögliche Nebenwirkungen, darunter Kopfschmerzen, Angstzustände und Schlaflosigkeit. Es ist unklar, wie sich diese Veränderungen langfristig auf die Gesundheit einer Person auswirken können. Einige Studien mit jungen Menschen, die Modafinil einnehmen, haben sogar Veränderungen in der Plastizität des Gehirns festgestellt, die mit einer Verschlechterung der kognitiven Funktion einhergehen. Darüber hinaus ist zu bedenken, dass einige dieser Medikamente ein hohes Abhängigkeitspotenzial aufweisen. Suchtexperten warnen davor, dass vor allem junge Konsumenten die Risiken nicht unbedingt ernst nehmen und verweisen auf mögliche Nebenwirkungen wie Paranoia, massive Angstzustände und Kontrollverlust. Letztlich seien Nootropika für viele Menschen nur ein Weg in die Sucht.
Welche Nootropika wirken am besten?
„Einer meiner Favoriten ist 1,3,7-Trimethylxanthin“, sagt Dr. Mark Moyad, Direktor für Präventive und Alternative Medizin an der Universität von Michigan. Er sagt, dass diese Chemikalie viele Aspekte der Wahrnehmung verbessert, indem sie die Aufmerksamkeit erhöht. Auch für das Gedächtnis hat sie einige Vorteile. 1,3,7-Trimethylxanthin hat übrigens auch einen anderen Namen: Koffein. Während Koffein früher als riskant galt, sind sich die meisten Experten heute einig, dass es – zumindest in Kaffee und grünem Tee – in Maßen eher nützt als schadet.
Aber wenn man wirklich seine Gehirnfunktion auf eine Art und Weise verbessern will, die zu 100 Prozent unbedenklich und effektiv ist, ist die Antwort laut Moyad klar: Treiben Sie Sport. „Ich glaube, dass Sport für Menschen, die ihre Kognition oder ihr Gedächtnis verbessern wollen und ansonsten gesund sind, das Potenzial hat, jede Pille zu schlagen“, sagt er. Es gibt starke Hinweise darauf, dass regelmäßige körperliche Betätigung das Gedächtnis verbessert und altersbedingtem kognitiven Abbau vorbeugt. Sport verbessert auch die Herzgesundheit und senkt das Sterblichkeits- und Krankheitsrisiko, sagt Moyad. Sportlich aktiv zu werden ist zwar nicht so einfach wie die Einnahme einer Pille, aber es ist wahrscheinlich der sicherste Weg, das Gehirn zu stärken – zumindest im Moment.
Nootropika: weitere Informationen
- Studie zu «Hirndoping» zeigt: Ritalin und Co. machen nicht schlauer. In: watson.ch
- Nootropics, or ‘Smart Drugs,’ Are Gaining Popularity. But Should You Take Them? In: time.com
- Nootropics: do brain-boosting drugs work and are they safe? In: theweek.com
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