Symbolbild EPO Hirndoping

Erythropoetin (EPO) verbessert die kognitiven Fähigkeiten von Menschen im klinischen Umfeld durch einen bisher unbekannten Mechanismus. Forscher haben ein Mausmodell entwickelt, in dem die kognitiven Fähigkeiten durch EPO verbessert werden, um zu verstehen, wie das Medikament die Kognition beeinflusst und wie es auf die Neuronen des Hippocampus wirkt, um die Plastizität des Gehirns zu erhöhen.

Erythropoetin ist ein Wachstumsfaktor für rote Blutkörperchen und wird unter anderem zur Behandlung von Blutarmut eingesetzt. Von einigen Sportlern, vor allem im Radsport, wird es auch als illegales Dopingmittel zur Steigerung der Ausdauer eingesetzt.

Erythropoetin und Gedächtnis

Forscher konnten zeigen, dass eine dreiwöchige Behandlung junger Mäuse mit EPO die so genannte Langzeitpotenzierung (LTP) der Synapsen verstärkt. LTP spielt eine wichtige Rolle beim Erlernen neuer Fähigkeiten. EPO verbessert sowohl die Plastizität der Synapsen als auch die Signalübertragung zwischen ihnen. Außerdem verschiebt es das Gleichgewicht zwischen erregender und hemmender Aktivität. Diese Effekte gehen mit einer Verbesserung des Gedächtnisses einher, die noch drei Wochen nach der letzten Injektion anhält.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass EPO das vom Hippocampus abhängige Gedächtnis verbessert, indem es die Plastizität, die synaptischen Verbindungen und die Aktivität der für das Gedächtnis relevanten neuronalen Netzwerke moduliert. Diese Wirkmechanismen sind unter anderem für die Behandlung psychiatrischer Erkrankungen von Interesse. Vereinzelt wird auch von Personen berichtet, die EPO als „smart drug“ zum Hirndoping verwenden.

Hintergrund

Seit langem ist bekannt, dass Erythropoetin (EPO) positive Auswirkungen auf die Kognition hat. So wurde bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz eine Verbesserung der kognitiven Fähigkeiten während der Behandlung mit EPO festgestellt. Zunächst führte man dies auf die verbesserte Blutbildung zurück, da eine Anämie (Blutarmut) die kognitive Leistungsfähigkeit beeinträchtigen kann. Erst später entdeckte man, dass EPO auch direkt auf das Gehirn wirkt.

In Tiermodellen wurden mehrfach positive Effekte von EPO auf die kognitiven Funktionen nachgewiesen. In einer Studie an Schizophrenen konnte gezeigt werden, dass der Wirkstoff unabhängig von seiner Wirkung auf die Blutbildung die für diese Erkrankung relevanten kognitiven Leistungen verbessert. Es war sogar der erste Wirkstoff, der in dieser Hinsicht eine selektive und anhaltende positive Wirkung zeigte. Auch bei Patienten mit Multipler Sklerose führte EPO in einigen Fällen zu einer Verbesserung der kognitiven Leistungsfähigkeit, die unabhängig von der Erhöhung des Hämoglobinspiegels auftrat und noch Monate nach Beendigung der Behandlung anhielt.

In einer anderen Studie zeigte sich, dass die einmalige Verabreichung einer hohen intravenösen Dosis Erythropoetin bei gesunden Probanden die funktionelle Reaktion des Hippocampus beim Gedächtnisabruf im Kernspintomogramm eine Woche später verbesserte, noch bevor eine Wirkung auf das Blutbild erkennbar war. Ein anderes Forscherteam berichtete, dass eine 19-wöchige Behandlung mit niedrig dosiertem EPO die Leistung des räumlichen Gedächtnisses verbesserte. Belastbare Daten über die Anwendung der Substanz bei gesunden Menschen fehlen jedoch noch.

Erythropoetin macht auch Nagetiere schlau

Die Daten deuten darauf hin, dass EPO die kognitiven Funktionen von Menschen und Mäusen verbessert, indem es direkt auf das Nervensystem einwirkt. Um diesen Effekt medizinisch nutzen zu können, ist es wichtig, die zellulären Mechanismen im gesunden Gehirn zu verstehen. Nur so kann eine Beeinflussung durch krankheitsbedingte Effekte ausgeschlossen werden.

Zu diesem Zweck entwickelten die Forscher ein robustes Modell für die Verbesserung der Kognition durch EPO bei gesunden Mäusen. Damit untersuchten sie die Effekte auf die synaptische Übertragung im Hippocampus und die für Lernen und Gedächtnis relevante synaptische Plastizität. Außerdem analysierten sie die Wirkung von Erythropoetin auf im Labor kultivierte Gehirnzellen. Die Daten deuten darauf hin, dass EPO das Gedächtnis verbessert, indem es die synaptische Konnektivität neuronaler Netzwerke im Hippocampus moduliert.

Aus den gesammelten Daten erhoffen sich die Forscher neue Ansätze für die Behandlung von Krankheiten wie MS oder Schizophrenie. Erythropoetin aus der Apotheke im Selbstversuch als „Smart Drug“ einzusetzen, wie es manche zum Beispiel mit Ritalin tun, ist allerdings eher nicht ratsam. Zwar gibt es vereinzelt Plattformen für Dopingmittel im Sport, wo man unter anderem auch EPO kaufen kann, die Mehrheit der Experten rät aber davon ab.

Quelle: biomedcentral.com

 

1 Kommentar

  1. […] solcher Zusammenhänge kann zu überraschenden Ergebnissen führen, wie es beispielsweise auch bei Erythropoetin, einem Wachstumsfaktor für rote Blutkörperchen, der Fall war. Es ist jedoch unwahrscheinlich, […]

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