Titelbild sportliche Leistung Hirnstimulation

Ist es möglich, die sportliche Leistung durch Hirnstimulation zu steigern? Dieser Frage sind Forscher des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften in Leipzig in Zusammenarbeit mit der Universität Leipzig und dem EuroMov-Forschungszentrum der Universität Montpellier in einer aktuellen Studie in der Fachzeitschrift Brain Stimulation nachgegangen. Die Ergebnisse deuten auf leistungssteigernde Effekte hin, wenn bei Leistungssportlern bestimmte Bereiche des Gehirns stimuliert werden.

Was hat sportliche Leistung mit dem Gehirn zu tun?

Höher, schneller, weiter. Dieses Prinzip begleitet den Leistungssport seit den ersten Olympischen Spielen. Um die sportliche Leistung zu verbessern, steht ein breites Spektrum an Trainingsmethoden zur Verfügung. Im Allgemeinen haben zwar untrainierte Personen das größte Potenzial, ihre sportliche Leistung zu verbessern. Doch je höher das Leistungsniveau ist, desto schwerer wird es jedoch, eine weitere Verbesserung zu erreichen.  Aber steckt vielleicht in jedem Sportler noch ungenutztes Potenzial? Forschungsergebnisse aus dem Bereich der nicht-invasiven Hirnstimulation scheinen diese Annahme zu bestätigen. Beispielsweise kann bei gesunden Nichtsportlern und Sportlern durch die Stimulation bestimmter Gehirnareale sowohl die Kraft- als auch die Ausdauerleistung gesteigert werden. Dennoch bleibt die Frage, ob solche Effekte tatsächlich auf den Spitzensport übertragbar sind. Mit anderen Worten: Können sportliche Höchstleistungen durch Hirnstimulation gesteigert werden?

Nicht-invasive Hirnstimulation

Durch die nicht-invasive Hirnstimulation ist es möglich, die Funktion des Gehirns durch von außen angelegten, schwachen elektrischen Strom zu beeinflussen. Zwei wichtige nicht-invasive Hirnstimulationstechniken sind die transkranielle Magnetstimulation (TMS) und die transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS). Bei der TMS wird eine elektrische Spule über den Kopf gehalten. Diese legt einen magnetische Impulse an, der Ströme im Gehirn erzeugt. Bei der tDCS geben Oberflächenelektroden auf der Kopfhaut einen schwachen, kontinuierlichen elektrischen Strom an das Gehirn ab. TMS und tDCS werden sowohl in der Forschung als auch im klinischen Bereich eingesetzt, um beispielsweise Veränderungen der kognitiven Funktion oder der motorischen Fähigkeiten zu untersuchen, die Wiederherstellung der motorischen Funktion nach einem Schlaganfall zu unterstützen oder die Müdigkeit bei Patienten mit Multipler Sklerose zu verringern.

Die Studie untersuchte 19 Forschungsarbeiten zu den Auswirkungen der Hirnstimulation bei 258 Leistungssportlern in Kraft-, Ausdauer- oder visuell-motorisch dominierten Sportarten. Die Ergebnisse zeigten eine Verbesserung der sportspezifischen Leistung durch akute Hirnstimulation. „Wir waren angenehm überrascht, dass selbst Leistungssportler durch die Hirnstimulation relevante Leistungssteigerungen innerhalb ihrer Sportart erzielen können“, sagte Tom Maudrich, Hauptautor der Studie. Besonders effektiv scheint die Hirnstimulation bei Sportarten wie Basketball oder Volleyball zu sein. In diesen Disziplinen steht die Koordination von visueller Wahrnehmung und zielgerichteter Bewegungsausführung im Vordergrund.

Sportliche Leistung und „Neurodoping“

Der Einsatz der nicht-invasiven Hirnstimulation im Sportkontext ist vergleichsweise neu. Daher bleibt den Forschern zufolge abzuwarten, welchen Einfluss diese Methode in den kommenden Jahren auf den Spitzensport haben wird. Besonders interessant ist der Umgang mit ethischen Fragestellungen, beispielsweise dem Thema „Neurodoping“. Prof. Patrick Ragert, Leiter der Studie, skizziert: „Unsere Ergebnisse deuten auf das ungenutzte Potenzial alternativer Methoden wie der nicht-invasiven Hirnstimulation im Kontext des Leistungssports hin. Es wird spannend zu sehen, welche Rolle solche Methoden in Zukunft einnehmen werden.“ und wie der Leistungssport damit umgehen wird.“

Gehirnstimulation auch bei ADHS?

Die nicht-invasive transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS), mit der sich möglicherweise die sportliche Leistung steigern lässt, weckt auch auf einem anderen Gebiet Hoffnungen. Statt mit Tabletten wie Methylphenidat in die Hirnfunktion einzugreifen, könnte die tDCS bei Menschen mit Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) Symptome wie Konzentrationsschwäche und Gedächtnisstörungen verbessern. Welches therapeutische Potenzial diese Hirnstimulation bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS oder Autismus hat, untersucht das EU-Projekt STIPED, das 2017 an der Medizinischen Fakultät der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel (CAU) gestartet ist. Mehrere klinische Studien sind bereits angelaufen. Integraler Bestandteil des Projekts ist die Berücksichtigung ethischer und sozialer Auswirkungen. In einer Veröffentlichung in der Fachzeitschrift Frontiers in Psychiatry werden relevante ethische Fragen im Zusammenhang mit der Erforschung der tDCS und ihrem möglichen therapeutischen Einsatz bei ADHS im Kindes- und Jugendalter identifiziert und diskutiert. „Als Ergebnis haben wir eine Liste mit praktischen Empfehlungen erstellt“, erklärt Erstautorin Anna Karolina Sierawska vom STIPED-Forschungsteam am Institut für Experimentelle Medizin.

Quellen und weitere Informationen

 

1 Kommentar

  1. […] Hirnstimulation verbessert sportliche Leistung […]

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