Symbolbild Neuroethik

Die Neuroethik ist eine wissenschaftliche Disziplin im Grenzbereich zwischen Neurowissenschaften und Philosophie. Mit der zunehmenden Verbreitung von Neuro-Enhancement (vulgo: „Hirndoping“) gewinnt sie an Bedeutung.

Stimulanzien wie Ritalin oder Modafinil, transkranielle Magnetstimulation, Gehirn-Computer-Schnittstellen und sogar genetische Veränderungen werden häufig als mögliche Formen des Neuroenhancements genannt. Der Einsatz von Medikamenten oder Hirnbehandlungen zur Verbesserung der normalen Kognition wird in der Öffentlichkeit und in Fachkreisen heftig diskutiert.

Befürworter des Neuro-Enhancements

Einige Befürworter verweisen auf die Auswirkungen der Globalisierung. Diese sei bekanntlich mit Wettbewerb und Leistungsdruck verbunden. Um den Anforderungen gerecht zu werden, müssten alle verfügbaren geistigen und materiellen Ressourcen genutzt werden. Dazu gehören auch Methoden und Medikamente, die zur Steigerung der geistigen Leistungsfähigkeit geeignet sind. Übergeordnetes Ziel sei es, den technologischen, wirtschaftlichen und kulturellen Reichtum der Nationen zu fördern. Auf individueller Ebene könnte eine gesteigerte kognitive Leistungsfähigkeit zu höherem Einkommen und Wohlstand führen.

Dieser Argumentation folgend wird kognitives Enhancement als eine durchaus akzeptable Methode zur Steigerung der Denk- und Lernfähigkeit angesehen. Manche messen ihm sogar den gleichen Wert bei wie den klassischen Methoden der kognitiven Leistungssteigerung wie Nachhilfe oder Informationstechnologie. Nach Ansicht der Befürworter sollte Neuro-Enhancement stark gefördert und subventioniert werden. Dafür sollten ihrer Meinung nach ähnlich hohe Mittel bereitgestellt werden wie für die Bildung.

Gegner des Neuro-Enhancements

Einige Kritiker des kognitiven Enhancements halten dessen Einsatz und die daraus resultierenden Leistungen für unecht und ungerecht. Dies gelte insbesondere in einem wettbewerbsorientierten Umfeld oder wenn diese Technologie nicht allen Menschen zur Verfügung stehe. Einige Gegner sind auch der Meinung, dass kognitives Enhancement eine große Abweichung von den derzeit üblichen und akzeptierten Formen der Selbstverbesserung darstellt. Im schlimmsten Fall könnte es unsere Evolution als Spezies bedrohen oder wichtige kulturelle Praktiken gefährden.

Neues Futter für die Neuroethik-Debatte

Viele Gegner des kognitiven Enhancements stützen sich auf Behauptungen über das menschliche Wohlergehen und die menschliche Entwicklung. Da jedoch oft konkrete Beweise aus den Sozial- und Psychowissenschaften fehlen, ist die Debatte ins Stocken geraten.

Eric Racine, Sebastien Sattler und Wren Boehlen beschreiben in einem Artikel aus dem Jahr 2021 eine Reihe wichtiger Fragen zu einigen psychologischen und sozialen Aspekten des kognitiven Enhancements. Sie erklären, warum es von grundlegender Bedeutung ist, diese Fragen in der Debatte über kognitives Enhancement und in der zukünftigen Forschung zu behandeln.

Die Autoren fordern belastbare Belege für die Auswirkungen von Enhancement auf soziale und psychologische Faktoren wie Wohlbefinden und Motivation. Auch die Auswirkungen auf die biologische Gesundheit sollten untersucht werden. Die Wirksamkeit und Sicherheit der eingesetzten Medikamente und Verfahren müsse auch außerhalb des Labors in standardisierten und systematischen Studien weiter untersucht werden. Ebenso seien die Auswirkungen auf psychische und soziale Funktionen in die Überlegungen einzubeziehen.

Die Forscher hoffen, mit ihren Fragen und Anregungen die neuroethische Debatte neu zu beleben. In einer Zeit, in der Medikamente wie Ritalin mit wenig Aufwand rezeptfrei erhältlich sind und in der zumindest für den privilegierten Teil der Welt auch teure Anwendungen der Apparatemedizin für viele Menschen erschwinglich sind, ist es wichtiger denn je, diese Diskussion zu führen.

Quelle und weitere Informationen: Cognitive Enhancement: Unanswered Questions About Human Psychology and Social Behavior

 

2 Kommentar

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