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Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene nehmen Medikamente zur Behandlung von ADHS. In Deutschland ist dies meist Methylphenidat. In den USA und Kanada ist es vor allem Adderall, eine Mischung aus vier Amphetaminen. Sowohl von Adderall als auch von Methylphenidat ist bekannt, dass sie Psychosen auslösen können. Eine Studie, die im New England Journal of Medicine erschienen ist, hat nun untersucht, welche Unterschiede es zwischen den Wirkstoffen in dieser Hinsicht gibt.

Methylphenidat, Amphetamine und Dopamin

Methylphenidat und Amphetamine fördern im Gehirn die Freisetzung des Botenstoffs Dopamin und hemmen dessen Abbau. Amphetamine wirken in erster Linie auf die Freisetzung, während Methylphenidat vor allem den Abbau hemmt. Was bei einer Psychose im Gehirn passiert, ähnelt der Wirkung von Amphetaminen: Bei den betroffenen Patienten wird mehr Dopamin ausgeschüttet als bei Gesunden. Das legt die Vermutung nahe, dass Amphetamine eher eine Psychose auslösen könnten als Methylphenidat. Um herauszufinden, ob dies tatsächlich der Fall ist, starteten US-Wissenschaftler eine Kohortenstudie mit einer bislang beispiellos großen Stichprobe von über 200.000 Fällen.

Für ihre Studie erhielten die Forscher Zugang zu anonymisierten Daten von Optum Clinformatics und IBM MarketScan. Die Datenbank von Optum enthält Informationen über 68 Millionen Patienten, die von IBM 185 Millionen. Die in Frage kommenden Personen litten an ADHS und hatten zwischen dem 1. Januar 2004 und dem 30. September 2015 mit der Einnahme von Amphetaminen oder Methylphenidat begonnen. Ausgeschlossen waren Patienten mit anderen psychischen Erkrankungen sowie Patienten, die Medikamente einnahmen, die mit Psychosen in Verbindung gebracht werden.

Lösen Amphetamine häufiger als Methylphenidat Psychosen aus?

Insgesamt erfüllten 221.846 Jugendliche und junge Erwachsene mit ADHS, die mit Methylphenidat oder Amphetaminen behandelt wurden, die Einschlusskriterien. Bei 343 von ihnen trat während der Behandlung eine Psychose auf. Die Rate lag bei 0,10% für Methylphenidat und bei 0,21% für Amphetamine. Die Rate war also bei Amphetaminen mehr als doppelt so hoch. Interessant ist auch, dass das Risiko bei Patienten, die ihr Medikament von einem Psychiater erhalten hatten, etwas geringer war als bei Patienten, die es von einem Allgemeinmediziner oder Internisten erhalten hatten. Dies könnte damit zusammenhängen, dass Psychiater die Risikofaktoren für eine Psychose besser erkennen und gegebenenfalls bei der Verschreibung und Dosierung sehr vorsichtig sind.

Aussagekraft der Studie und Einschränkungen

Die größte Stärke der Studie liegt zweifellos in der großen Zahl der untersuchten Fälle. Dennoch gibt es Einschränkungen hinsichtlich der Aussagekraft, die von den Autoren selbst eingeräumt werden. So wurde z. B. der mögliche Einfluss des relativ hohen Anteils von Cannabiskonsumenten unter den Patienten (61%) nicht berücksichtigt. Andere Forscher haben einen Zusammenhang zwischen täglichem Cannabiskonsum, insbesondere mit hohem THC-Gehalt, und einer erhöhten Psychose-Rate gefunden. Zudem ist nicht bekannt, ob und wie viele Patienten die vom Arzt empfohlene Dosis bewusst überschritten haben, um z. B. vor einer Prüfung von der stimulierenden Wirkung des Medikaments zu profitieren. Andererseits ist davon auszugehen, dass einige Patienten ihre Medikamente nicht regelmäßig oder gar nicht eingenommen haben. Auch hierzu finden sich in den ausgewerteten Daten keine Angaben.

Psychosen durch Methylphenidat: sehr selten

Weitere Forschung ist nötig, um die biochemischen Zusammenhänge zu verstehen, die dazu führen, dass in seltenen Fällen Amphetamine und Methylphenidat Psychosen zu begünstigen scheinen. Für Personen, die wegen ADHS Methylphenidat in der Apotheke kaufen, besteht kein Anlass zu übertriebener Sorge. Die Inzidenz ist sehr gering, und wenn Nebenwirkungen auftreten, verschwinden sie nach Absetzen der Medikation wieder. Etwas vorsichtiger sollte man sein, wenn man sich Methylphenidat rezeptfrei besorgt, um es zum Hirndoping zu verwenden, denn über die Risiken dieser Personengruppen gibt es kaum verlässliche Daten.

Quelle

Psychosis with Methylphenidate or Amphetamine in Patients with ADHD (nejm.org)


Die Medikamente Adderall und Methylphenidat begünstigen laut einer Studie Psychosen.

 

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